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„Ich bereite mich aktiv auf den Sprung nach St. Petersburg vor“

Interview mit der neuen Schulleiterin der DSP

An der Deutschen Schule St. Petersburg wird es im nächsten Schuljahr große Veränderungen geben. Leider werden vier deutsche Lehrer unsere Schule Ende Juni verlassen, Ende August wird unser Team durch neue Kollegen verstärkt.

Die wohl größte Veränderung erwartet uns wegen des Wechsels der Schulleiterin. Silvana Stapel, die bereits seit 6 Jahren die Deutsche Schule St. Petersburg leitet, wird durch Heike Mickel ersetzt. In einem Interview hat uns Frau Mickel von ihren Erfahrungen und ihren Erwartungen an ihre Arbeit an unserer Schule erzählt.

— Frau Mickel, erzählen Sie uns bitte, woher Sie kommen und wo Sie studiert haben?

Ich bin in Potsdam geboren und später mit meinen Eltern nach Cottbus (etwa 100 km südlich von Berlin) umgezogen, wo ich meine Kindheit verbrachte. Danach habe ich in Potsdam Mathematik und Physik auf Lehramt studiert und so die Lehrberechtigung bis zur 12. Klasse erworben.

— Wo haben Sie Ihre Berufserfahrungen im Ausland gesammelt?

Als junge Lehrerin konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich 30-40 Jahre an der gleichen Schule arbeiten soll. Sobald ich die Möglichkeit bekam, ins Ausland zu gehen, habe ich sie genutzt.

Mein erster Auslandsaufenthalt war in Izmir, Türkei. Dort habe ich 3 Jahre lang an einer DSD-Schule Mathematik in der Mittelstufe auf Deutsch unterrichtet. Es hat zwar viel Zeit und Kraft gekostet, mit einem türkischen Mathebuch ca. 50 Kinder pro Klasse zu unterrichten, aber es hat auch viel Spaß gemacht. Vor allem konnte ich die Türkei sehr gut kennenlernen.

Später unterrichtete ich 5,5 Jahre Mathe und Physik in der Mittel- und Oberstufe an der Deutschen Schule in Johannesburg, Südafrika (teilweise auch auf Englisch). Diese Schule ist eine Begegnungsschule mit einem speziellen Programm für begabte Kinder aus Soweto.

Nach 5 — jähriger Tätigkeit an einem Gymnasium in Hamburg habe ich mich an der Deutschen Europäischen Schule Singapur beworben, wo ich dann 6 Jahre lang Mathe bis zum Abitur und Physik bis zur Klasse 10 unterrichtet habe. An dieser Schule finden jedes Jahr sehr viele Wechsel in den Klassen statt, weil die Eltern oft von Firmen aus dem Heimatland entsendet werden und mit befristeten Verträgen in Singapur arbeiten.

Jetzt bin ich wieder in Hamburg und bereite mich aktiv auf den Sprung nach St. Petersburg vor.

— Warum haben Sie sich für die Deutsche Schule St. Petersburg entschieden?

Im direkten Vergleich zwischen der Deutschen Internationalen Schule Johannesburg und der Deutschen Europäischen Schule Singapur konnte ich erkennen, dass mein Herz für die Begegnungsschule schlägt, die Familien unabhängig von ihrer Kultur und Geschichte vor Ort gut verbinden kann und den Ausbau langjähriger Traditionen besser ermöglicht. Da die DSP eine relativ kleine Schule ist, bietet sie zudem die Möglichkeit, die Schulgemeinschaft sehr gut kennenzulernen und intensiv mit allen Bereichen zusammen zu arbeiten.

Deshalb habe ich mich für die deutsch-russische Begegnungsschule in St. Petersburg entschieden.

Dies wird meine erste Erfahrung als Schulleiterin sein, und ich freue mich darauf, meinen neuen Lebensabschnitt mit der Arbeit an einer Schule zu beginnen, wo enge Kontakte zwischen allen Beteiligten möglich sind, man jeden Einzelnen sehr genau sehen und die Entfaltung jedes Kindes detailliert und über große Zeiträume hinweg verfolgen kann.

— Was sind nach Ihrer Meinung die Hauptvorteile der DSP?

Mir scheint, dass einer der wichtigsten Vorteile dieser Schule ihre Struktur ist. Die enge Verzahnung von Kindergarten, Grundschule, Mittel- und Oberstufe ermöglicht eine gute konzeptionelle Arbeit, was die Qualität der Ausbildung positiv beeinflusst und für die Schülerinnen und Schüler gute Übergänge zwischen den Schulformen ermöglicht.
Den Gedanken, dass ein Kind demnächst evtl. 14 oder 15 Jahre die DSP vom Kindergarten bis zum GIB besuchen könnte, finde ich sehr faszinierend.

— Welche Erwartungen haben Sie an Ihre zukünftige Arbeit an der DSP?

Zunächst möchte ich die Schulgemeinschaft kennenlernen, den verschiedenen Seiten zuhören und mich mit dem aktuellen Stand der Arbeit an den einzelnen Projekten genauer vertraut machen. Schulentwicklung ist ein Prozess, der Geduld erfordert und auf die kontinuierliche Verbesserung der Lernbedingungen für unsere Schülerinnen und Schüler gerichtet sein muss.

Natürlich bringe ich meine Vorstellungen mit, aber ich habe nicht vor, gleich zu Beginn grundlegende Änderungen vorzunehmen.

— Auf welche Weise möchten Sie die Entwicklung der DSP weiter vorantreiben?

Ich wünsche uns, dass Sankt Petersburg die DSP noch besser kennen lernt und würde mich freuen, wenn die Petersburger uns zu verschiedenen Anlässen regelmäßig besuchen. Mit der Einführung des GIB wird es eine Erweiterung des vielfältigen Angebotes der Schule geben, die den direkten Zugang zu internationalen Studiengängen ermöglicht. Dies sollten neben der ständigen Qualitätsentwicklung unserer Arbeit gute Voraussetzungen für höheren Schülerzahlen in den kommenden Jahren sein.

Wichtig ist es für mich, an dieser Stelle zu betonen, dass die DSP in ihrer Entwicklung stets der Philosophie und ihrem Auftrag als eine deutsche Schule im Ausland treu bleiben wird.

— Was bedeutet „eine gute Schule“ für Sie?

Ich träume von einer Schulgemeinschaft, die eine gemeinsame Vision hat und die weiß, wohin sie sich langfristig bewegen möchte. In diese Schule kommen Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern und alle Mitarbeiter mit Freude. Ich träume von einer Schule, in der man freundlich und tolerant miteinander umgeht und konstruktiv diskutiert, wo jeder das Recht auf Fehler hat und aus diesen ohne Angst lernen kann.
Insbesondere erwarte ich gegenseitigen Respekt in jede Richtung.

— Was bedeutet für Sie „ein guter Schüler“ und „ein guter Lehrer“?

Der gute Schüler sollte verlässlich sein, so wie auch der gute Lehrer. Der gute Schüler sollte zuhören können und auf die Befindlichkeiten seiner Mitmenschen achten, bei Problemen Hilfsangebote machen — das sollte der gute Lehrer natürlich auch. Beide müssen die Verantwortung für ihre tägliche Leistung übernehmen.
Menschen, die so agieren, sind für mich sehr wertvolle Menschen. Diese Regeln gelten eigentlich für die gesamte Schulgemeinschaft.

— Welche Rolle gehört an der „guten Schule“ den Eltern?

Ich freue mich auf alle Eltern, die die Schule betreten, weil das für mich ein Zeichen von Interesse an unserer Arbeit ist. Ich bitte die Eltern jedoch zu beachten, dass eine Schule nicht in der Lage ist, einzelne Wünsche für einzelne Kinder zu verwirklichen. Sie muss im besten Interesse der gesamten Schulgemeinschaft handeln. Ich habe gute Erfahrungen bei der Zusammenarbeit von Schule und Eltern gemacht, ohne die es ja auch nicht geht.

— Was gefällt Ihnen am meisten an Ihrer Arbeit?

Mein Beruf ist so vielseitig und dafür liebe ich ihn. Vormittags mache ich meinen Unterricht und nachmittags bin ich mit der Vorbereitung der folgenden Stunden und den Dingen drumherum beschäftigt.

Lernprozesse strategisch zu planen und dafür günstige Bedingungen zu entwickeln, macht mir Spaß. Daher habe ich an allen Schulen, an denen ich gearbeitet habe, Wege gefunden, Schule mitzugestalten — als Fachleiterin, Koordinatorin für Fortbildungen, Steuergruppenmitglied und -leiterin, Koordinatorin für pädagogisches Qualitätsmanagement oder Fachreferentin für Physik der Stadt Hamburg.

Als Lehrer habe ich immer ein offenes Ohr sowohl für Eltern als auch für Schüler. Jede Frage muss beantwortet werden, besonders die von Schülerinnen und Schülern, die gerade dabei sind, sich selbst zu finden. „Frau Mickel, was denken Sie, kann ich das Abitur schaffen, im Moment läuft es nicht so gut...“ Wenn ich dann drei Jahre später diesem Schüler zum Abitur gratulieren kann, ist das ein unglaublich schöner Moment für mich.

— Was möchten Sie in St. Petersburg in erster Linie besuchen?

Meine ersten Tage in St. Petersburg werden natürlich der Schule gewidmet! Eines der ersten Dinge, die ich tun möchte (wenn es dann endlich die Zeit erlaubt), ist ein Besuch der Peter-und-Paul-Festung um mich daran zu erinnern, wie es war, als ich sie Mitte/Ende der 80er Jahre sah. Ich habe sehr schöne Erinnerungen an meine beiden Reisen nach Leningrad und freue ich mich jetzt darauf, sie wieder aufzufrischen zu können.

— Kann man sagen, dass Reisen Ihr Hobby ist?

Ich bin schon eine Weltenbummlerin! Seit meiner Studienzeit bin ich gern gereist. Mich interessiert es einfach, wie andere Menschen leben und Herausforderungen meistern. Um ein Land zu verstehen, muss man jedoch dort arbeiten. Deswegen freue ich mich, Russland über meine Arbeit und Begegnungen, die über die Schule hinausgehen, tiefer kennenzulernen.

Außerdem bin ich sehr gern mit der Kamera unterwegs. Während der Pandemie habe ich die Schwarz-Weiß-Fotografier für mich entdeckt. Ich mag es auch, kleine Geschenke und Geburtstagskarten für meine Freunde und Familie selbst anzufertigen. Außerdem koche ich sehr gern und freue mich schon auf die russische Küche.

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